23. Oktober 2013

Deutschland auf dem Wege Frankreichs

Die Euro-begeisterte Politikerfront Deutschlands sieht sich gezwungen, tätig zu werden, um eine Lage zu schaffen, die es erschwert, aus dem Euro auszusteigen. Das wäre in Deutschland gut möglich. In Frankreich wäre es schon schwieriger, aber auch dort mehren sich die Stimmen, die den Verbleib im Euro nicht mehr wollen. Heute äußert sich der Senator von Belfort und ehemalige Minister Jean-Pierre Chevènement im Figaro für den Ausstieg, die Vernunft ist nicht mehr auf den viel geschmähten Front National beschränkt.

Dagegen muß etwas von den zukünftigen Koalitionspartnern CDU/CSU und SPD getan werden. Mit dem staatlich verordneten flächendeckenden Mindestlohn, dem Angriff auf die Tarifautonomie, wird ein Pfahl in den vor sich hin vegetierenden Körper der deutschen Demokratie geschlagen wie weiland in den des Dracula. Es regt sich nur milder Protest gegen die scheinbar gute Sache. Die der SPD verpflichteten deutschen Gewerkschaften finden nichts dabei, daß sie von der Regierung Merkel III entmachtet werden sollen. Die Betonung liegt nämlich nicht auf Mindestlohn, nicht einmal auf flächendeckend, sondern auf staatlich verordnet. Die Gewerkschaften sind einverstanden mit der Aufgabe ihres Rechtes auf Verhandlungen mit den Arbeitgeberverbänden. Warum schaffen sie sich nicht gleich selbst ab?

Wann folgt wie in Frankreich eine gesetzlich vorgeschriebene 35-Stunden-Woche, für die gern arbeitenden Deutschen meinetwegen auch 37- oder 38-Stunden-Woche bei vollem Lohnausgleich; denn auch hier liegt die Betonung auf gesetzlich vorgeschrieben. Die 35-Stunden-Woche ruiniert die Wettbewerbsfähigkeit der französischen Wirtschaft seit ihrer Einführung durch die Sozialistin Martine Aubry, 1998. Die deutschen Linken und ihre Medien aber werden sicherlich viel Gutes daran finden. In deren Kreisen schwärmt man von der Tonnenideologie. Die Arbeit wird als eine begrenzte Quantität aufgefaßt, an der mehr Menschen teilhaben könnten, wenn jeder weniger von ihr in Anspruch nähme. Stattdessen bringt mehr Arbeit noch mehr Arbeit und damit mehr Lohn&Brot. So sehen das auch die meisten Gewerkschafter.

Aber zurück zum Mindestlohn. Nicht einmal der ansonsten luzide Prof. Dr. Bernd Lucke scheint das tatsächliche Problem zu erkennen, äußert er doch im Artikel der WELT nur Gegenargumente zweiter Wahl: "nutzlos", "kostet Arbeitsplätze", "fördert Schwarzarbeit". Es ist ihm wohl auch wichtiger, daß der vom Amt überforderte Bundespräsident Joachim Gauck, dieser Christian Wulff auf höherem Niveau, die 2,1 Millionen Wähler der Alternative für Deutschland (AfD) in Frankfurt (Oder) beleidigt hat: AfD-Chef Lucke wirft Gauck "Entgleisung" vor, titelt die WELT und beruft sich auf den Kölner Express. Zugegeben, üble Worte, erst recht, da sie in Gegenwart des polnischen Staatspräsidenten Bronisław Komorowski und von Studenten der Europa-Universität Viadrina fallen, aber sie sind nicht wichtig für die Verfaßtheit unserer Gesellschaft. Ob er die AfD beschimpft, oder im Schloß Bellevue geht das Licht aus, der Bundespräsident hat im ersten Fall nichts zu sagen, diskreditiert sich nur selbst, im zweiten kann er den Elektriker rufen und hoffen, daß der kommt. Was ist von dem Ersatzpräsidenten zu erwarten? Seife ist, wenn man keine hat, nimmt man Bimsstein.

Wie wenig Durchblick der Kölner Express hat, sieht man daran, daß er meint, Joachim Gauck hätte sich nur mit den Euro-Rebellen angelegt. Oh, nein, er hat sich mit allen Deutschen angelegt, die noch Ehre im Leibe haben; denn morgen ist dieser Plauderer erfreut, wenn Die Linke, die Grünen, die CSU, oder welche Partei eben von den Medien vorgeführt wird, einen Mißerfolg einfährt. Hat man von ihm schon etwas über die FDP gehört? Die kann in seinem Weltbild ebenfalls keinen Platz haben.

Der nächste Schritt wäre die Einführung der flächendeckenden staatlichen Mietpreisbindung. Über die Möglichkeit haben die Nachrichtenredakteure von ARD und ZDF in den letzten Tagen schon begeistert berichtet. Da Angela Merkel wie Joachim Gauck aus der DDR stammen, verstehen sie beide die Vorzüge dieser Sozialleistung. Die Besucher Ostberlins haben sich seinerzeit einen Eindruck verschaffen können von diesen Vorzügen. Weitere gesetzlich festgeschriebene Leistungen des Staates, zu finanzieren von den Steuerzahlern, Wiedereinführung der Rente ab 60 beispielsweise, Ausweitung der Stellenpläne im öffentlichen Dienst und Anhebung der Einstufungen der dort beschäftigten Beamten und Angestellten könnten Deutschland auf den Weg Frankreichs bringen. Dort gibt es doppelt so viele Beschäftigte im öffentlichen Dienst wie in Deutschland, das 20 Millionen mehr Einwohner hat.

Wer in Frankreich erlebt hat, wie eine öffentliche Institution nicht weiß, was die anderen tun, oder wenn sie's weiß, daraus Vorteile für sich zieht, sie gegeneinander ausspielt, der wird die Einführung dieses Systems auch in Deutschland befürworten.

Es ist beispielsweise beeindruckend zu erleben, wie Finanzämter in verschiedenen Orten Frankreichs im Laufe eines Jahres mindestens ein halbes Dutzend Mal mit der Rücksendung der an einen Adressaten im Hause gerichteten Briefe die Nachricht erhalten, der Adressat wäre vor drei, sechs, sieben, neun, zehn Monaten unbekannt verzogen, und nun sei er schon seit einem Jahr nicht mehr an dieser Adresse wohnhaft, und immer neue Briefe dieser Finanzämter entgegen zu nehmen und sie an den jeweiligen Absender zurückzuschicken.

Das bringt ein gewisses Überlegenheitsgefühl des Bürgers über ein Amt! Das möchte ich auch für Deutschland!  Der Großen Koalition bleibt noch viel zu tun für die deutsch-französische Freundschaft! Packen Sie's an, wenigstens das!