10. April 2012

Frankreich. Wie Tariq Ramadan den französischen Staat vorführt

Photo: Jacques Demarthon / AFP
Der Schweizer Bürger kann im Gegensatz zu Haßpredigern aus dem nichteuropäischen Ausland jederzeit nach Frankreich einreisen und dort Vorträge halten. Dies ist ihm sogar in den USA, die das Recht hätten, ihm die Einreise zu verweigern, unter der Regierung des Barack Obama inzwischen gestattet. Vielleicht wird man es jenseits des Atlantik merken, wenn es zu spät ist, wen und was man sich ins Land geholt hat: den Islam und seine Funktionäre, die den Aufbau von Gegengesellschaften betreiben, missionieren (دعوة‎ da'wa) und systematisch, ohne daß ihnen jemand Einhalt geböte, die westliche Demokratie aushebeln.

Aber zurück nach Frankreich. Wer Tariq Ramadan ist, wissen meine Leser seit vielen Jahren, von seinem Auftritt beim Europäischen Sozialforum 2003 bis heute gibt es genügend Artikel über den Enkel des Gründers der Muslimbruderschaft Hassan al-Banna, den Führer der Muslimbrüder in Europa. Diesen Glaubenskämpfer unterscheidet von Glaubenskämpfern wie Mohamed Merah, daß er weiß, wo und wann er kämpft, im Europa des 21. Jahrhunderts, und daß er Geld, Personal und die rechten Waffen zur rechten Zeit zur Verfügung hat und einsetzt. Europa ist in der Phase der friedlichen Islamisierung, alles Vorpreschen wirkt kontraproduktiv.

"Glauben und Widerstand, Reform und Hoffnung", dazu predigt der Star des 29. Jahrestreffens der Union des Organisations Islamiques de France (UOIF) Tariq Ramadan aus dem Stand und ohne schriftliche Vorlage vor 40 000 Gläubigen. Er wünscht während seiner Rede keinen Beifall, berichtet Jean-Marie Guénois im Figaro. Verständlich, sonst wäre die Wirkung auf die Opfer, die stigmatisierten Brüder und Schwestern, sowie die lauernden Kuffar im Lande verpufft. Tariq Ramadan ist ein islamisches Kunstwerk, ein Ornament des Islam, er verkörpert keinen Zustand, sondern eine Seinsform, er selbst ist "Glauben und Widerstand, Reform und Hoffnung". Glauben an den Sieg des Islam, Widerstand gegen die westlichen Gesellschaften, Reform des sunnitischen Islam hin zur Lehre der Muslimbrüder, Hoffnung, daß Allah zum Siege verhilft. In dieser Phase ist es für die Muslime angesagt, "nicht auf die Angriffe zu antworten", sondern ihre "französische und muslimische" Identität zu pflegen. Das ist ein schwieriges Unterfangen, wie man an ausgeflippten Glaubenskämpfern wie Mohamed Merah merkt, aber auch Yusuf al-Qaradawi und die anderen Haßprediger, denen die französische Regierung die Einreise zum Jahrestreffen verweigert hat, taugen nicht für den Kampf in Europa, sie wissen im Gegensatz zu Tariq Ramadan weder, wer noch wo sie sind.

Und so lehrt er die getrennt lauschenden Gläubigen, hie die Männer, da die bekopftuchten Frauen, eine Form des "feinsinnigen" Widerstandes gegen die "Reaktion", macht sie darauf aufmerksam, daß die Islamisierung schon weiter fortgeschritten ist, als es manchem verzagten Muslim durch die martialischen Worte des Wahlkämpfers Nicolas Sarkozy erscheinen mag. "Ich danke Euch dafür, daß Ihr Euch gut gehalten habt ... trotz des Druckes und der Anschuldigungen." Die sind selbstverständlich unbegründet und ungerechtfertigt.

"Es gereicht Frankreich auch zur Ehre, daß es diesem Jahrestreffen Raum geboten hat." Es war die Forderung erhoben worden, das Jahrestreffen insgesamt zu verbieten.

Und dann geht es auch schon los mit der Schelte, den Vorwürfen und Beleidigungen, und er zitiert ausgerechnet Voltaire, dessen Satire Mahomet, fast zwanzig Jahre ist's her, aber unvergessen, durch seine Intervention und mit Hilfe des Israelhassers Jean Ziegler und seiner linksradikalen Ehefrau Erica Deuber-Pauli in Genf und Ferney-Voltaire nicht aufgeführt werden konnte: "Man kann sich nicht während vier Jahren auf Voltaire berufen und ihn zwei Wochen vor den Wahlen vergessen." Er lädt seine Glaubensbrüder und -schwestern ein, "Frankreich nicht zu verwechseln mit denjenigen, die es repräsentieren." Das ist eine Absage an die französische Gesellschaft und an die Demokratie; denn die Regierung, die Repräsentanten, sie sind in demokratischen Wahlen durch die Bürger in ihre Positionen gekommen. Als nächstes erklärt der Schweizer Bürger dieser von ihm geringgeschätzten Regierung Frankreichs, um was sie sich zu kümmern hätte, nämlich um die wirkliche Wirtschaftskrise, statt mit Fragen der "Sicherheit" aufzutrumpfen, letztere seien doch "zu ernst, um in Szene gesetzt zu werden". Was sei seit dem Aufruhr des Herbstes 2005 getan worden für die Bewohner der Vorstädte. Es versteht sich, daß er nicht die Frage an die 40 000 ergriffenen Zuhörer richtet, unter ihnen mehrere Multimillionäre und aus den sunnitischen Staaten der arabischen Halbinsel finanzierte Funktionäre des Islam, was sie für ihre Glaubensbrüder getan haben, er erinnert auch nicht daran, was sonst so im Herbst 2005 gewesen ist, und welche Rolle er dabei gespielt hat, sondern er denunziert seine Gegner, Frankreich die Gesellschaft, Staat und Regierung.

Es folgt die von ihm seit vielen Jahren bekannte Empfehlung an die Muslime, sich nicht in die französische Gesellschaft zu integrieren, man selbst zu bleiben, sich nicht beirren zu lassen, wenn man seines Glaubens wegen "angegriffen" werde, sich immer "gewandt" in eine Art innere "Emigration" zu begeben: "Entferne dich von ihnen in ein schönes Exil", und infolgedessen "in den Glauben und den Widerstand", der Glaube habe ein langes Leben, der Widerstand sei zu errichten auf der Strategie des Gründers des Islam: "Warum war der Prophet so erfolgreich in Mekka?" Die Antwort ist, daß er "die Gesellschaft der Stadt gut gekannt" habe. Zwar erinnert man sich, gelernt zu haben, daß Mohammed aus Mekka vertrieben wurde und später von Yathrib/Medina aus, das er vorher judenrein gemacht hatte, die Stadt mit Gewalt eroberte, aber vielleicht meint Tariq Ramadan ja, er habe die Stadt so gekannt wie die Muslime heute die westliche Gesellschaft, die ebenfalls keine Instrumente entwickelt, sich der Unterwerfung zu erwehren, sondern meint, mit Verträgen und Zugeständnissen davonzukommen. Il n'en est rien ! Daraus wird nichts.

"In Frankreich müßt Ihr Euere Gesellschaft kennen." Hier wird nebenbei die Bedeutung der Konvertiten deutlich und damit da'wa, die Bekehrung der Ungläubigen, der Kuffar: "In Frankreich muß man das verstehen. Wir bringen ein dépôt, eine Einlage, eine Botschaft: der Islam ist einer, und er akzeptiert alle Kulturen." Allah ist ein Einziger. Das ist, Jean-Marie Guénois sagt's nicht oder weiß es nicht, die Aufforderung an alle Mitglieder der (noch) nicht islamischen Gesellschaften weltweit, zum Islam zu konvertieren: توحد tawhid! Die vorhandenen Kulturen werden wie seit Beginn der islamischen Eroberungen akzeptiert in dem Sinne, daß man ihre Errungenschaften ausschlachtet, ihre nichtislamischen oder zwangskonvertierten Wissenschaftler und Künstler, Juden und Christen, Hindus, Buddhisten und Zoroaster, mit arabischen Namen versieht und sie der Nachwelt als arabisch-islamische Beiträge zur Entwicklung Europas präsentiert. Einzelheiten kann man bei Sylvain Gouguenheim nachlesen. Tariq Ramadan nennt solchen Raub, bezogen auf Europa, die "Anwesenheit der Muslime im Westen". Er warnt in diesem Zusammenhang davor, den schiitisch-sunnitischen Konflikt nach Europa zu importieren. Da ist er schon, und das weiß dieser Redner, oder wie soll die Uneinigkeit der Muslime Europas in der Beurteilung der Schlächtereien in Syrien bezeichnet werden?

Den Opferstatus der Muslime in einer nichtmuslimischen Mehrheitsgesellschaft macht Tariq Ramadan mehrmals klar: "Sie [die Ungläubigen des Westens] werden angreifen." Aber man möge nicht in die Falle gehen: "Wenn Ihr auf die Angriffe antwortet, werdet Ihr Objekte ihrer Gesellschaft." Opfer ist ein Muslim bereits dann, wenn er gezwungen ist, entgegen seinem allahgegebenen Anspruch auf Herrschaft als gleichberechtigtes Mitglied einer nichtmuslimischen Gesellschaft zu leben. Schon die Gleichberechtigung wird als Demütigung und Benachteiligung erlebt. Christen und erst recht Juden sind im Islam Dhimmis, Schutzbefohlene, die sich ihr Leben vertraglich durch die Zahlung der Kopfsteuer zu erkaufen und sich der muslimischen Herrschaft zu fügen haben. Die Verträge können seitens der muslimischen Herrscher jederzeit aufgekündigt werden. Eine Garantie für Leib und Leben sowie für das Eigentum gibt es nicht. Diese Position hält Tariq Ramadan in seiner Rede für seine Glaubensbrüder offen, das ist der Widerstand, zu leisten für ein größeres, sie überstrahlendes Projekt: "Seid zugleich ehrgeizig und bescheiden, um die Welt zu verändern." Das heißt immer, die Welt im Sinne des Islams zu ändern, sie zu islamisieren.

Am besten sei das zu erreichen mit Mitteln und Instumenten der Bürger der westlichen Welt, man müsse sie sich aneignen. Das predigt Tariq Ramadan schon seit vielen Jahren, die Aneignung der westlichen Errungenschaften, um sie einzusetzen gegen die westliche Gesellschaft und ihre Odnung. Wie die Hamas in ihrer Verfassung rät er ab von Verhandlungen mit ihren Regierungen: "Du willst Deine Gemeinde schützen, in dem Du mit der herrschenden Macht und den Reichen sprichst." Es ist durch die Koransure 5:51 verboten, sich Juden und Christen zu Freunden, gar zu Beschützern zu nehmen. Die Gläubigen möchten bitte immer an der Seite der Unterdrückten stehen, "das ist die einzige Macht, die zählt." Die Unterdrückten, das sind die bedauernswerten Muslime, die bis heute an der Vorherrschaft in der westlichen Welt gehindert werden, die (noch) nicht Kraft genug besitzen, sie abzuschütteln: "Rechnet nicht auf diejenigen, die eine Macht von fünf Jahren haben", womit die Dauer einer Präsidentschaft in Frankreich gemeint ist. Das ist eine erneute Absage an die westliche Gesellschaft, an ihre Demokratie und ihre Institutionen. Diese gewählten Machthaber lögen und heuchelten, aber die Muslime hätten "freie und unabhängige Bürger" zu werden. Da dies in der westlichen Gesellschaft, wie er eben ausgeführt hat, nicht möglich ist für Muslime, ist dies mit anderen Worten eine Aufforderung, die Gesellschaft in eine islamische zu verwandeln: "Die Zeit ist um, da man mit Euch wie mit Kindern redet, und da man Euch betrachtet, als wäret Ihr auf dem Wege zur Reife."

Es bedürfe islamischer Parolen zu Begriffen wie "Freiheiten" [sic!], zur Gleichheit von Männern und Frauen - in der UOIF müßten mehr Frauen sein - und zur Achtung vor der Jugend, les jeunes. Gegen Antisemitismus ist er selbstverständlich, wobei anzunehmen ist, daß Muslime noch weniger als die Ureinwohner, Natives, Aborigenes der westlichen Welt mit dem Begriff etwas verbinden. Umgehend kommt der Redner dann auch auf die Kritik der "Unterdrückung des palästinensischen Volkes", diese Kritik habe nichts mit Antisemitismus zu tun.

Und dann gibt es, bevor das Abschlußgebet von ihm gesprochen wird, doch einen rauschenden Beifall, als er noch einmal die Regierung Frankreichs und ihre Sicherheitsdienste zum Schutz der Bevölkerung beleidigt und lächerlich macht: "Berichtet Euerer Regierung gut, was hier tatsächlich gesagt wurde, und nicht das, was man hätte sagen können."

Was er hätte sagen können, das wissen Kenner der Politideologie Islam ohnehin, der Muslimbrüder und der anderen Salafisten und Sahaba. Leider hat es sich noch nicht bis in alle Instanzen der Regierungen Europas herumgesprochen, und wenn, dann schauen Politiker und Medien gern in die andere Richtung, weil sonst Maßnahmen ergriffen werden müßten, die ihren Geschäften mit den islamischen Staaten nicht gut bekämen.