8. März 2012

MIPIM 2012. Hauptrolle für Deutschland?


Die internationale Branchenmesse der Immobilienwirtschaft in Cannes, seit 1990 der Branchentreff schlechthin, begrüßt Deutschland als Ehrengast, "Country of Honour", aber Schlagzeilen machen andere. Wer das ist, davon erfährt man in deutschsprachigen Medien nichts, in der FAZ wird allenfalls noch Großbritannien erwähnt. Bei Eingabe von "mipim 2012" liefert Google.de cannes, stand münchen, deutschland, termin, insgesamt sind es 677 000 Angebote. Man erfährt aus dem Wiener Standard, daß Joschka Fischer Hauptredner ist: "Deutschland wird es schaffen", daß Spanien allmählich in die Gänge kommt, und daß die Türkei auf der MIPIM 2013 Ehrengast sein wird.

Hat man am Morgen unter "mipim 2012" nichts im Figaro gefunden, aucun résultat trouvé, liest man aber in seinem Provinzblatt L'Indépendant, auf der Seite 10, über den Auftritt Katars auf der MIPIM 2012: Le Qatar mis gros sur l'immobilier. Katar investiert groß ins Immobiliengeschäft (nicht online), dann fragt man sich, was die Medien antreibt außer die Wiederwahl des Nicolas Sarkozy und der Große Zapfenstreich für Christian Wulff. Welche Hauptrolle für Deutschland?

Die überregionalen Medien Frankreichs behandeln den Ausverkauf ihrer Immobilien anscheinend als eine Mittelmeerangelegenheit, die sonst niemanden angeht. Nice-Matin titelt: Le Qatar affiche ses ambitions au mipim. Katar gibt auf der MIPIM seine Ambitionen bekannt. Im Artikel wird nirgends erwähnt, daß sich die Projekte in ca. dreißig Ländern befinden, sondern es geht allein um Katar. Es interessiert nicht, wo überall sich diese radikalen Muslime einkaufen, Hauptsache die Geschäfte laufen!

Erstmalig präsentiert sich Katar in einem Pavillon, "la grande vedette du mipim", der große Star der MIPIM. Man erinnert sich? Katar ist das Land, dessen regierende Scheichs den Reichtum des Landes, Hunderte von Milliarden Dollar, als ihr persönliches Eigentum betrachten, aus dem sie gegenwärtig den "arabischen Frühling" im Sinne wahhabitischer Islamisierung mit zig Millionen Dollar, mit Kämpfern, militärischer Ausbildung und Ausstattung finanzieren. Ägypten, Libyen, Tunesien, Syrien, letzteres eben im Brennpunkt des radikal-sunnitischen Islamisierungsprozesses, genannt Freiheitskampf, angeführt von Abdelhakim Belhaj, von der Libyan Islamic Fighting Group, einer Schwesterorganisation der al-Qaida.

Der wichtigste Fachvertreter Katars auf der Messe, schreibt L'Indépendant, ist Essa Mohammed Ali Kaldari, Präsident der Lusail Real Estate Development Company. Google.de bietet 31 Ergebnisse, darunter keines in deutsch. Dabei preist der Präsident seine Projekte in Katar und der Welt an. Auch in Deutschland? Weitere Fachaussteller, die Qatari Diar Real Estate Investment Company und die Msheireb Properties werden im Indépendant am Rande erwähnt. Unter "mipim 2012" qatar findet man auf Platz Sechzehn die Wiener Presse mit fünfzehn Fotos aus dem Qatar Pavillon zum Megaprojekt Msheireb, in Doha. Begleitet wird diese Information von Tanja Rudolf: mipim, Tag 2: Arabische Projekte.

Sie berichtet von dem Novum: "50 in Entwicklung befindliche Objekte mit einem Gesamtvolumen von 40 Milliarden US-Dollar [ca. 30,5 Milliarden Euro] werden vorgestellt. Wie etwa das Prestigeobjekt 'Msheireb' im Zentrum von Doha: 31 Hektar ist es groß, es wurde ein altes Viertel aus den 1950er- und 1960er-Jahren abgerissen, um bis 2016 wieder neu aufgebaut zu werden. Die Investoren, Msheireb Properties, Qatari Diar und Lusail Real Estate Development Company, sind bedeutende Developer im Mittleren Osten."

Die "50 in Entwicklung befindlichen Objekte" verteilen sich auf 30 Staaten, was weder die Wiener Presse noch sonst ein Medium für der Erwähnung wert hält. Man könnte meinen, die Projekte wären alle in Katar angesiedelt. Wenn man etwas erfahren will darüber, wie sich die Scheichs von Katar in Europa einkaufen, dann muß man französisch- und englisch-sprachige Websites konsultieren, und selbst dort ist's dürftig. Man erfährt über den Aufkauf durch eine katarische Investmentfirma von mehreren Fünfsterne-Luxushotels in Europa, darunter die Ikone "Martinez", für insgesamt $900 Millionen in Cannes, und dem Verkauf an den katarischen Investor Ghanim Bin Saad al Saad des legendären Hotels Carlton, an der Croisette von Cannes.

In welchen Staaten investiert Katar noch, außer in Frankreich, das ihm zum Dank bei der Islamisierung Libyens hilft? Woher hat L'Indépendant die Zahlen? 20minutes.fr bringt weitere Informationen über den Ausverkauf Frankreichs an seine Freunde in Katar: Le Qatar a de plus en plus d'appétit pour l'immobilier français. Katar hat mehr und mehr Appetit auf französische Immobilien. Das Nachrichtenportal zählt einige auf, sie werden nach Renovierung von der asiatischen Hotelkette Peninsula geführt. Wer schon einmal in deren Hotels gewohnt hat, weiß: Nobler geht's nimmer. Aber auch von 20minutes.fr erfährt man nicht, welches die anderen Staaten sind, wohin sich der Expansionsdrang Katars wendet.

Dabei hat in den ersten zwei Tagen der Messe der Pavillon mehr als 3 500 Besucher, er ist einer der meistfrequentierten, schreibt AMEinfo.com, The ultimative Middle East business resource. Das führt aber zu keinerlei brauchbaren Informationen, was Katar plant und projiziert.

Gulf Times, die größte englischsprachige Zeitung Katars, die es wohl besser weiß als die Wiener Presse und L'Indépendant, schreibt von 49 Projekten katarischer Investoren in 29 Ländern. Das Portfolio der drei großen katarischen Investoren betrage 40 Milliarden Dollar. Nachhaltige Entwicklung von Städten stehe auf dem Panier. In welchen Ländern Katar investiert, das steht nirgends. Auf der Website von Qatari Diar werden einige Projekte vorgestellt, sie befinden sich in Ägypten, Frankreich, Großbritannien, Italien, Jemen, Katar, Kuba, Marokko, Montenegro, "Palästina" (9 km nördlich von Ramallah), Schweiz, Spanien, Sudan, Tadjikistan, USA. Das sind Stützpunkte in fünfzehn Ländern der sunnitischen bzw. der sunnitischen Welt zu gewinnender Staaten (Frankreich, Großbritannien); das Hotel Royal Savoy, in Lausanne, der Schweizerhof, in Bern, und das Bürgenstock Resort mit dem Park Hotel, sowie das City Center in Downtown Washington sind Investitionen, um den Scheichs, ihren Freunden und anderen glücklichen Menschen von der Sunni Side of the Strait ihre Aufenthalte dort zu verschönern. Es ist ein Monopoly Spiel aus 1001 Nacht.

Warum berichtet niemand darüber?